gefährliches Zinken

wir leben auch im Dezember 2018 in einer gefährlichen Welt. Das schließt die Musik mit ein!

Im modernen Leben drohen uns überall Gefahren und gesundheitliche Beeinträchtigungen. Wir müssen zwar nicht mehr wie in der Steinzeit vor dem Säbelzahntiger weglaufen. Wir verhungern auch nicht gleich, weil die Jagd auf das Mammut nicht erfolgreich war und erfrieren nicht, weil das Feuer in unserer Höhle erloschen ist. Dafür ist aber unser ganz normaler Alltag geprägt von Situationen unterschiedlichster Gefahrenstufen.

Die meisten Unfälle passieren bekanntermaßen im Haushalt. Stürze beim Fensterputzen, Stolpern über Teppichfalten und natürlich Verbrühungen, Verbrennungen, Schnitte mit scharfen Messern, Quetschungen durch ungeschickte Handhabung der Knoblauchpresse oder andere Verletzungen durch weitere gefährliche Utensilien in der Küche können uns jederzeit ereilen.

Auch auf dem Weg zur Arbeit können wir unversehens in Unfälle verwickelt werden, sei es als Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer oder auch als Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir müssen ständig gefasst sein auf körperliche Schäden wie aufgeschürfte Knie, gebrochene Gliedmaßen und gerissene oder zerquetschte innere Organe. Aber auch die nicht auf den ersten Blick offensichtlichen Bedrohungen können zu nachhaltigen gesundheitlichen Beschwerden führen. Ich denke da zum Beispiel an den sichtbar verlausten älteren Herren, der sich neulich in der Straßenbahn direkt vor mich gesetzt hat. Oder die vielen hustenden und niesenden Mit-Pendler in der Bahn. Auch das Mithören einiger lauter Gespräche in der Bahn ist der Gesundheit nicht zuträglich. Der Blutdruck steigt, wenn Reisende sich gegenseitig mit niveaulosen Stammtischparolen unterbieten oder Loriot Sketche miteinander vermengt vorgetragen und skurril interpretiert werden und den Mitreisenden eine Pointe erläutert wird, die haarscharf neben der eigentlichen Pointe liegt. Es gibt in unserer zivilisierten Welt keine Möglichkeit, so einer Stresssituation durch Flucht oder Angriff zu entkommen. Das Hören von Musik über Kopfhörer wäre eine Möglichkeit, das belastende Umfeld auszublenden. Leider schädigt das aber dann ja wieder die Ohren.

Heil im Büro angekommen bin ich aber noch lange nicht in Sicherheit. Gerade ein Büroarbeitsplatz ist viel gefährlicher als man denkt. Nun kann ich zwar die Behauptung, dass in Deutschland pro Jahr schätzungsweise 300 Menschen an Kugelschreibern, oder Teilen davon, ersticken, nicht verifizieren. Mir persönlich sind aber schon durchaus Unfälle passiert. Harmlos aber schmerzhaft ist das Schneiden der Finger an Papier. Ich habe mir schon den linken Zeigefinger an der metallenen Aufhänge-Vorrichtung einer Akte so aufgerissen, dass ich mehrmals nachpflastern musste um den Blutfluss zu stoppen. Und mir sind schon unzählige Gummibänder beim Überstreifen über Akten zerrissen und um die Ohren oder fast ins Auge geflogen. Meine Arbeitsplatzbrille dient also nicht nur als Schutz vor dem gefährlichen Blaulicht-Spektrum in meinem Computer Monitor, sondern auch vor umherschießenden Gummibandresten.

Das viele Sitzen am Schreibtisch ist ja nun sowieso das neue Rauchen. Das Starren auf den Bildschirm belastet die Augen und wenn man erstmal an einer Maus-Hand leidet, steht einem ein langwieriger Heilungsprozess bevor.

Man soll ja nun durch sportliche Betätigung der einseitigen Belastung im Büro entgegenwirken. Aber auch beim Sport drohen einem vielfältige Gefahren. So bin ich einmal beim Joggen über eine Wurzel gestolpert, die in der Woche davor mit Sicherheit noch nicht so knorrig mitten auf dem Weg aus dem Boden herausgewachsen war. Beim Yoga habe ich mir schon mal mit einem lauten Knall, der die anderen Kursteilnehmer merklich verstört hat, bei einer verdrehten Stellung mein Kreuzbein verrenkt. Im Fitnessstudio ist mir bisher noch nichts Schlimmes passiert. Ich muss nur aufpassen, dass ich, wenn ich mir meinen Weg von Gerät zu Gerät bahne, nicht auf umherliegende Smartphones trete und mich dabei verletze oder die muskelbepackten Besitzer der Handys gegen mich aufbringe.

Bisher hatte ich nicht geahnt, dass auch beim Musizieren ernsthafte Gefahren oder zumindest gesundheitliche Beeinträchtigungen drohen. Wie so häufig in letzter Zeit haben mich aber nun meine Zink-Studien eines Besseren belehrt. So habe ich vor einiger Zeit beim Zinken ein interessantes Knacken im Hals entwickelt. Es ist nicht ständig da sondern tritt vor allem bei Abwärtssequenzen im mittleren Tonbereich auf. Erst war ich besorgt und auch mein Lehrer hat genau hingehört, was das wohl sein könnte. Letztlich haben wir die Ursache des Knackens aber nicht ergründen können und es auf temporäre diffuse Spannungen geschoben. In letzter Zeit beachte ich das Knacken einfach nicht mehr und jetzt tritt es nur noch in ganz seltenen Fällen auf. Ich glaube daher, dass ich mit diesem Symptom keinen Arzt aufsuchen muss.

Ganz anders sieht das aber möglicherweise aus mit meinem Zink-Finger, den ich mir durch mein Üben zugezogen habe. Das Instrument halte ich ja wie eine Blockflöte. Die Grifflöcher liegen allerdings sehr weit auseinander, so dass ich vor allem in der rechten Hand die Finger äußerst weit spreizen muss. Für den rechten kleinen Finger gibt es gar kein Loch. Mit diesem Finger stütze ich das Instrument dauerhaft und dabei habe ich mir anscheinend eine Überlastung des Fingergrundgelenkes zugezogen. Nach intensiven Recherchen im Internet glaube ich sagen zu dürfen, dass es sich bei dem Zink-Finger um ein relatives neues Krankheitsbild zu handeln scheint über das jedenfalls noch keine Studien veröffentlicht sind. Sicherlich werde ich meinen Hausarzt für das Syndrom des Zink-Fingers  sensibilisieren können und stelle mich für entsprechende Studien gerne zur Verfügung.      

Auch im Mundbereich belastet das Zinkspielen die Muskeln, Sehnen und Gelenke. Bisher habe ich durch sorgsames Aufwärmen ernsthafte Verletzungen vermeiden können. Nun droht mir aber das Erlernen der Doppelzungentechnik und dabei befürchte ich schmerzhafte Überlastungssymptome oder sogar Zerrungen der Zungenmuskulatur. Meine nächste Unterrichtsstunde habe ich erst im kommenden Jahr, so dass ich über die Weihnachtsfeiertage die Zunge und den gesamten Mundraum wie gewohnt nutzen und Ente, Raclette und Schokoladenweihnachtsmänner ohne Beschwerden genießen kann. „Es ist ein Ros entsprungen“ zinke ich dann dieses Jahr vor der Bescherung noch ganz ungefährdet ohne die neue Technik. Im nächsten Jahr bin ich dann vielleicht mit der Doppelzunge schon so weit fortgeschritten, dass ich meine Familie zu Weihnachten gefahrlos mit „Kling Glöckchen, degedegeding“ erfreuen kann.

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