Wir leben in heutiger Zeit in einer von Technik geprägten Welt. Auf viele technische Errungenschaften mag ich aber auch gar nicht mehr verzichten. Wenn ich es im Winter hell, warm und trocken habe, finde ich das schon sehr angenehm. Dass der Mensch die Techniken des Feuermachens und des Häuserbauens entwickelt und über die Jahrtausende verfeinert hat, ist daher sehr begrüßenswert. Ich bin auch gerne mobil in einer weiteren Umgebung als fußläufig erreichbar unterwegs und nutze dafür Automobil, Bahn und Flugzeug, also letztendlich weiterentwickelte Dampfmaschinen. Aber auch in meinem häuslichen Umfeld freue ich mich über alte oder neue technische Errungenschaften unserer Zivilisation. So wasche ich mich gerne und mit durchaus vorzeigbarem Ergebnis mit Seife und nicht nur mit Wasser, putze meine Zähne mit Zahnbürste und Zahnpasta und nicht mit einem angekauten und ausgefaserten Weiden- oder Birkenzweig, benutze gerne eine Toilette mit Wasserspülung in einem beheizbaren aber gut zu lüftenden und abschließbaren Raum, in dem idealerweise auch noch Toilettenpapier vorrätig ist und hocke mich nicht über ein Loch im Garten, lese analog und digital Bücher und Zeitungen und bin dadurch nicht ausschließlich auf Erzählungen von reisenden Abenteurern, Händlern, Spielleuten, Rattenfängern, Badern oder auf die sonntägliche Predigten in der Kirche angewiesen um zu erfahren, was in der Welt so los ist. Und ich bediene mit großer Freude allerlei hilfreiche elektrische Geräte im Haushalt wie zum Beispiel Waschmaschine, Spülmaschine, Staubsauger, Mixer, Herd, usw.
Als Kind muss man unendlich viele Techniken erlernen, um in der Welt bestehen zu können. Wir verfügen natürlich über einige Reflexe, ohne die ein Überleben gar nicht möglich wäre, dazu gehören z.B. Atmen und Schlucken. Aber bereits das Führen der Hand zum Mund ist eine erste Technik, die es zu meistern gilt. Es folgen bzw. werden parallel entwickelt, die Beherrschung des eigenen Körpers (Krabbeln, Sitzen, Stehen, Laufen, Lautbildung, Mimik …) und die Erkundung der nahen Umgebung (Greifen, Fühlen, Riechen, Schmecken, Tasten …) sowie der ganzen Welt (Kontakt und Kommunikation mit anderen Menschen, Sprechen, Lesen, Schreiben, Rechnen, logisches Denken …).
Im Laufe unseres Lebens eignen wir uns in der Regel immer weitere, feinere, komplexere oder auch speziellere Techniken an. Grundsätzlich ist jeder Mensch in der Lage, jede beliebige Technik zu erlernen, wenn er ausreichend Zeit, Gelegenheit und eine gute Anleitung und Hilfestellung bekommt. Je nach Neigung oder auch körperlichen Stärken oder Schwächen tun wir uns aber bei einigen Techniken leichter oder eben auch schwerer als bei anderen und formen so im Laufe unseres Lebens unser ureigenes individuelles Profil.
Speerwerfen oder Kugelstoßen beispielsweise sind Techniken, die ich erlernen könnte, wenn ich denn wollte. Da ich mich für beide Sportarten bisher in meinem Leben aber nicht begeistern konnte und sie auch ganz praktisch nicht zu meinem Überleben notwendig waren, habe ich da bislang keine Energie hineingesteckt. Ebenso verhält sich das mit dem Schmieden von Schwertern oder Hufeisen, dem Berechnen von Umlaufbahnen von Satelliten oder der Bestimmung der chemischen Zusammensetzung wässriger Lösungen. Anders sieht das aber zum Beispiel mit der Technik des Strickens aus. Vor etwa vier Jahren habe ich das Stricken wieder angefangen, dessen Grundlagen ich seinerzeit im Handarbeitsunterricht in der Schule gelernt hatte. Bis zur Königsdisziplin des Sockenstrickens hatte ich es bis dahin aber nie gebracht. Es hat mich – aus welchem Grunde auch immer – geärgert, dass ich das nicht konnte, und so habe ich mir nun das Sockenstricken selber beigebracht. Seitdem erfreue ich meine Familie jedes Jahr zu Weihnachten oder auch mal zwischendurch mit kuschelig warmen, selbstgestrickten Wollsocken.
Es gibt auch Techniken, die einem helfen können, sein Leben angenehm oder energetisch ausgeglichen zu gestalten oder seine Mitte wiederzufinden, sofern man aus dem Gleichgewicht geraten ist. Zu diesen Techniken gehören zum Beispiel die ganze Bandbreite von Entspannungstechniken und -praktiken, die ayurvedische Heilkunst, Feng Shui, Bachblüten, Kinesiologie, Anleitungen zum Aufräumen und Loslassen sowohl im Inneren als auch im Äußeren und noch vieles mehr. Bei meiner Arbeit im Büro achte ich gemäß den Empfehlungen von Feng Shui darauf, dass ich nicht mit dem Rücken zum Raum und dem Blick zur Wand sitze, sondern einen Sicherheit-gebenden „Berg“ zum Beispiel in Form eines Aktenschrankes hinter mir weiß.
Das Spielen eines Musikinstrumentes erfordert die Kenntnis und Anwendung von verschiedenen komplexen und ineinandergreifenden Bewegungs- und Atemtechniken. Der Zink ist ja nun ein extrem schlicht und schnörkellos gebautes Instrument. Sein Klang wird ausschließlich durch das Können des jeweiligen Zinkenisten hervorgerufen und beeinflusst und das Erlernen der vielen einzelnen Komponenten zur Erzeugung eines schönen Klanges und des genauen Ausbalancierens der vielen einzelnen Bausteine ist außerordentlich schwierig und langwierig. Mittlerweile habe ich es aufgegeben mitzuzählen, wie viele unterschiedliche Artikulationstechniken es alleine gibt. Mit der Doppelzungentechnik als Grundlage für ein gleichsam perlendes Spielen von schnellen Läufen plage ich mich ja nun bereits seit etwa einem Jahr herum. Neu dazugekommen ist nun noch eine weitere Technik, bei der ohne Luftstrom bei eng gestelltem Mundraum die Zunge von hinten an den Oberzähnen nach vorne geschnalzt wird. Wenn man die Vorübung ohne Instrument richtig ausführt, entsteht als Laut ein ploppendes, trockenes und stumpfes „d“. Bei dieser Übung muss ich mich derzeit noch immer sehr anstrengen und ich glaube, ich neige dabei vor lauter Konzentration und Anspannung auch ein wenig zum Schielen. Jedenfalls schauen mich die Mitreisenden in der Bahn immer ganz komisch an, wenn ich die neue Artikulationstechnik übe.
Bei einem Seminar über Kreativitätstechniken, das ich kürzlich besucht habe, haben wir in der Vorstellungsrunde eine interessante Technik zum Lernen der Namen der Teilnehmer angewendet. Wir sollten uns mit unserem Vornamen vorstellen und gleichzeitig ein auf uns passendes Adjektiv nennen, das mit dem Anfangsbuchstaben unseres Vornamens beginnt. Die Namen haben sich dadurch tatsächlich sehr schnell und vor allem nachhaltig eingeprägt. So erinnere ich mich noch gut an die chaotische Catharina, den pedantischen Patrick, die sanfte Susanne oder den jazzliebenden Jörg. Es gab noch eine andere Sandra, die vor mir an der Reihe war und sich das Adjektiv sensibel zugeordnet hatte. Mir blieb dann nur, mich als „sehr saubere Sandra“ vorzustellen. Das passt ja schon irgendwie ganz gut zu mir, weil ich gerne Seife, Zahnbürste und Toilette benutze (s.o.).
Im Büroalltag können Kreativitätstechniken in bestimmten Situationen hilfreich sein. Man sollte sich aber zur Erleichterung des Arbeitsalltages auch mit verschiedenen Arbeitstechniken beschäftigen. Ein neuer junger Kollege hat kürzlich von einer interessanten und sehr überzeugenden Arbeitsmethode erzählt, der sogenannten „Bergtechnik“. Die ist ganz einfach: man sammelt einfach alle eingehende Post auf einem Berg und kann sich daran erfreuen, wie er immer höher wächst.
Ich denke, ich werde mich im Büro von überflüssigem Mobiliar entlasten, das Sicherheit-gebende kleine Schränkchen hinter mir entsorgen und die Bergtechnik auf dem dadurch entstehenden freien Platz hinter mir anwenden. Das sorgt für ein gutes Feng Shui bei mir im Büro, das Chi kann ungehindert strömen, mein Wohlbefinden steigern und mich ins Gleichgewicht bringen. Mithilfe all der erlernten Kreativitätstechniken kann ich mich mit der Lösung des Problems beschäftigen, wie die Kaffeemaschine auf dem wachsenden Berg hinter mir nachhaltig in Balance bleibt. Die sinnbringende Beschäftigung mit dem Berg wird mich erden und ich kann dadurch bei der Arbeit gut entspannen.
Wie gut, dass wir mit Hilfe von Technik in der Lage sind, unser Leben in vielerlei Hinsicht zu vereinfachen.